Eine von 13 deutschen und von insgesamt 153 Frauen aus 67 Nationen war die FC-Schweitenkirchener Judoka Viola Wächter, die am Samstag beim mit insgesamt 100.000 Euro dotierten Judo-Grand-Prix in Budapest/Ungarn auf der Matte stand. Und endlich einmal durfte sie, nachdem sie in den letzten Turnieren sehr harte Gegnerinnen zu Beginn der Wettkämpfe hatte, sich über ein Freilos in der ersten Runde freuen. Ein guter Ausgangspunkt für die „Generalprobe“ der Judo-Europameisterschaften, die im Rahmen der Europaspiele im aserbaidschanischen Baku in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm am 25. Juni stattfinden werden..
Im ersten Kampf musste Wächter merklich erst ins Turnier finden, denn ihre Gegnerin, die Amerikanerin Hana Carmichael, verkaufte sich gut und war eine unbequeme Kontrahentin. Doch die 28-jährige gewann den Kampf durch eine Bestrafung Carmichaels.
Damit stand ein spannendes deutsches Duell fest: Miryam Roper, die deutsche Nummer Eins und Sechste der Welt gegen Viola Wächter, die 25. der Weltrangliste und Zweite in Deutschland hinter Roper. Besondere Brisanz: Zwischen diesen beiden Judoka wird sich Bundestrainer Michael Bazynski wahrscheinlich entscheiden müssen, wer zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro mitfahren darf – sofern beide eine gewisse Anzahl an Qualifikationspunkten und Vorgaben erfüllen. Die als Kraftpaket bekannte Miryam Roper war und ist damit möglicherweise Wächters persönlich bedeutendste Kontrahentin und so war es v.a. Kopfsache, zu gewinnen. Wächter gelang es, eine taktische Linie zu halten und Roper nach zwei Minuten an den Rand ihrer konditionellen Möglichkeiten zu bringen: Als Belohnung erhielt sie eine Yuko-Wertung (technischer Vorteil) durch einen O-uchi-gari (große Innensichel). Einen Haltegriff hielt sie bis zum Ablauf der Kampfzeit von vier Minuten durch und gewann damit durch die höchste Wertung, dem Ippon, dieses Poolfinale. Damit hatte Wächter auch gegenüber dem Bundestrainer ein Zeichen gesetzt und konnte nun selbstbewusst ins Halbfinale gegen die japanische Asien-Senioren-Meisterin Momo Tamaoki einziehen. Hier erkämpfte sich Wächter auf Weltniveau durch einen Uchi-mata-gaeshi (Konter zum Inneren Beinschenkelwurf) eine Ippon-Wertung – den vermeintlichen sofortigen Sieg. Doch aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde diese Wertung zurückgenommen und zu einem Waza-ari, einem nur halben Punkt, abgeändert, so dass die Schweitenkirchenerin weiterkämpfen musste. Einen Schreckmoment gab es in Folge dessen fünf Sekunden vor Schluss, als sie die taktische Linie verlor und dadurch einen Waza-ari kassierte, weil sie durch einen O-Goshi (Großer Hüftwurf) fiel. Da ihre Gegnerin jedoch mehr Strafen hatte und Wächter sich aus dem nachfolgenden Haltegriff befreien konnte, gewann sie den Einzug ins Finale doch noch. Hier wartete Chen-Ling Lien aus Chinesisch Taipeh auf die Deutsche. „Im Finale spürte man, dass Viola etwas müde war und nicht mehr ganz so energisch.“, erklärte Wächters mitgereister Trainer Franz Dausch. Dies war wohl auch die Erklärung dafür, dass sie einen taktischen Fehler machte, den die Chinesin sofort mit einem Uchi-mata quittierte. Zwar hatte die Bundespolizistin mit einem Uchi-mata-gaeshi sogleich eine Antwort darauf, aber da sie hierzu weder eine Wertung bekam noch selbst zum Haltegriff hinterher ging, war der Sieg vergeben. „Ins Finale zu kommen ist genial. Natürlich ist ein verlorener Kampf gerade dann etwas schade, aber ich bin auch mit meinem zweiten Platz absolut zufrieden! Die Europameisterschaft in Baku darf jetzt kommen: Ich fühle mich stabil im Kopf und voller Kampflust im Herzen!“, zeigt sich Wächter nach der Siegerehrung höchst zufrieden.