Erst vor einer Woche hatte Viola Wächter vom FC Schweitenkirchen mit ihrer Bronzemedaille beim Judo-Grand-Prix in Georgiens Hauptstadt Tiflis für große Aufmerksamkeit gesorgt. Man hätte meinen können, dass sie nach den dort gezeigten, durchwegs sehr anstrengenden, aber souveränen Kämpfen etwas mehr wie nur vier Tage Regenerationszeit nötig gehabt hätte. Stattdessen war die am Freitag 52. der Weltrangliste mit acht weiteren Frauen und zehn Männern des Deutschen Judobunds bereits am Mittwoch in die Türkei nach Samsun gereist, um beim dritten Turnier der Weltserie der Internationalen Judo-Föderation (IJF) Ranglistenpunkte für die Olympia-Qualifikation zu sammeln. Insgesamt 68 Nationen stellten Topjudoka, davon 187 Frauen und 308 Männer. In Wächters Gewichtsklasse bis 57 Kg starteten diesmal 28 Sportlerinnen, darunter auch die Deutsche Johanna Müller vom PSV Olympia Berlin.
Wie schon bei den letzten Grand Prixs in Düsseldorf und Tiflis hatte die 28-Jährige wieder kein einfaches Los: Maria Centracchio, die erst vor gut zwei Wochen die African Open von Casablanca gewonnen hatte, stand ihr als Erstes als Gegnerin gegenüber. Nach nur eineinhalb von vier Kampfminuten hatte Wächter die Italienerin mit Ko-uchi-gari (kleine Innensichel) und anschließendem Haltegriff besiegt. In noch kürzerer Kampfzeit, nach nicht einmal einer Minute, verlor ihre nächste Gegnerin, die Koreanerin und Bronzemedaillengewinnerin der letztjährigen Asiengames Hyo Sun Ri, die die Schweitenkirchenerin mit Uchi-mata-gaeshi (Konterwurf des inneren Beinschenkelwurfes) besiegte. Gegen die African-Open-Gewinnerin von Tunis, Nora Gjakova aus dem Kosovo, kam Wächter mit einer kleinen Wertung (Yuko) zunächst in den Rückstand, nachdem sie mit einem Harai-goshi (Hüftfeger) geworfen, aber nur auf der Seite gelandet war. Jedoch blieb Wächter abgeklärt, strafte im Anschluss ihre Gegnerin taktisch klug hoch und konnte kurz vor Ende mit tollem Kampfgeist gar selbst noch einmal einen Yuko gut machen und zusätzlich mit Haltegriff gewinnen. Somit stand Wächter im Halbfinale, in dem sie wieder einmal auf die Olympia-Zweite von London und mehrmalige Grand-Prix-Gewinnerin Corina Caprioriu aus Rumänien traf. Von Titeln und Erfolgen ihres Gegenübers unbeeindruckt dominierte die im letzten Jahr noch von zahlreichen heftigen Verletzungen geschüttelte Deutsche mit ihrem Griff: Mit starkem Druck aus dem Rumpf und den Extremitäten heraus zwang sie Caprioriu, sich einzudrehen, so dass Wächter abermals mit einem Uchi-mata-gaeshi kontern und im Anschluss im Haltegriff siegen konnte. Nach nur einem Viertel der eigentlich Kampfzeit stand damit fest: Viola Wächter legt in ihrer aktuellen Erfolgsserie nach und steht im Finale! Hier wartete die Niederländerin Sanne Verhagen, gegen die Wächter in der Vergangenheit sowohl einmal verloren, als auch einmal gewonnen hatte. Verhagen war im Turnierverlauf dreimal über die volle Kampfzeit gegangen, Wächter hatte hingegen ihre Begegnungen deutlich schneller beendet. Und genau diese Linie hielt sie konsequent bei: Nach nur einer knappen Minute zog Wächter einen O-soto-gari (große Aussensichel) mit einem spürbaren Siegeswillen durch und besiegelte damit ihren ersten Grand-Prix-Sieg überhaupt. Selten sieht man Wächter jubeln, doch diesmal waren die Emotionen groß und mehr wie berechtigt. „Fünf Kämpfe mit fünf Ippon-Siegen – so gewinnt nicht jeder ein Turnier!“, resümiert ihr langjähriger Heimtrainer Franz Dausch über die jetzt auf der Weltrangliste 27 Geführte. „Ich bin wirklich stolz auf Viola! Sie kommt mit einer derarten Wucht zurück auf die Judoweltbühne, die keiner sich zu erwarten getraut hat! Diesen Grand Prix hat sie mit diesem Durchmarsch mehr wie verdient gewonnen!“ Nach den letzten Wochen mit vielen Wettkämpfen geht es nun für zwei Wochen nach Japan ins Trainingslager. Und danach darf auch eine Viola Wächter verdient einen Urlaub genießen.
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