Ein deutliches Zeichen setzte Viola Wächter, Top-Judoka des FC Schweitenkirchen, beim ersten Grand Prix des Jahres in Havanna. Beim Weltturnier auf kubanischem Boden holte sie sich den fünften Platz. Und damit war sie besser als ihre nationale Konkurrentin, Miryam Roper, die mit am Start unter den insgesamt 24 Kämpferinnen bis 57 Kilogramm war und nur den siebten Platz belegen konnte.
Zu Beginn, nach einem Freilos direkt in der zweiten Runde, wirkte sie gegen die Israelin Camila Minakawa noch nicht ganz so frisch: Zunächst eröffnete Wächter mit links, wechselte dann jedoch auf ihre bevorzugte rechte Seite, um ihre Gegnerin mit ihrer rechten Hubhand besser kontrollieren zu können. Minakawa präsentierte sich aber als schwer zu greifende Gegnerin, die in der Halbdistanz mehr taktisch als technisch agierte. Dennoch gelang es der 28-Jährigen, die Israelin mit zwei Shidos (Bestrafungen) zu besiegen, so dass sie im Poolfinale gegen Catherine Beauchemin-Pinard aus Kanada stand. Gegen die Siebte der Weltrangliste hatte Wächter 2015 verloren und um deutlich zu machen, dass sie die Weltelite bezwingen kann, wollte sie diesen Fight gewinnen. Schließlich wird der Bundestrainer Michael Bazynski entscheiden, wer im August mit zu den Olympischen Spielen fahren wird: Miryam Roper oder Viola Wächter.
Aus einer schwierigen Situation heraus baute Wächter Spannung auf, um mit einer hervorragenden Kombination aus einem O-Uchi-Gari (große Innensichel) und ihrem Spezialwurf, dem Uchi-Mata (innerer Beinschenkelwurf), einen großen technischen Vorteil (Yuko) zu erzielen. Zwar konnte sie ihre Gegnerin im darauffolgenden Bodenkampf nicht bis zur Ippon-Wertung (vorzeitiger Sieg) halten, doch reichte ihr schließlich die kleine Wertung für den Sieg. Im anschließenden Halbfinale gegen die amtierende Vize-Europameisterin, Hedvig Karakas aus Ungarn, ging Wächter zwar beherzt heran; doch Karakas nutzte die nicht ganz optimale Position Wächters beim Griffwechsel aus, löste deren Griff und erzielte durch einen perfekt getimten Fußfeger nach nur 19 Sekunden Kampfzeit einen Ippon (sofortiger Sieg). „Das war ein klassischer ‚Lucky Punch‘. Das muss man neidlos anerkennen. So etwas passiert bei Judo,“ kommentierte Franz Dausch, Wächters Heimtrainer, der die Kämpfe seines Schützlings live im Internet verfolgt hatte. Der Einzug ins Finale war damit verpasst, nicht aber der Kampf um Platz Drei. Im kleinen Finale wartete die Polin Nora Gjakova, Dritte der Europameisterschaft, die zuvor schon Miryam Roper aus dem Rennen geworfen hatte. Auch wenn Wächter zuletzt dreimal gegen Gjakova gewonnen hatte, war der Kampf damit nicht von vornherein entschieden: Im Griffkampf zeigte sich Wächter ambitioniert, machte jedoch einmal einen entscheidenden Fehler: Sie griff mit zwei Händen an die Jacke und blieb dabei stehen; Gjakova nützte dies konsequent aus und brachte Wächter mit einem O-Uchi-Gari zu Fall. Zu diesem Zeitpunkt war der Kampf noch nicht entschieden. Als jedoch die Kampfrichter eine Aktion an einer Stelle unterbrachen, die sich zum Vorteil für die Deutsche entwickeln hätte können, war der dritte Platz für Wächter endgültig verloren.
„Auch wenn ich in meinem letzten Kampf nicht ganz so wirkungsvoll war wie in den Kämpfen zuvor: Ich bin zufrieden. Beim ersten großen Turnier des Jahres habe ich ein passables Ergebnis abgeliefert. Das gibt mir natürlich Selbstbewusstsein und zeigt mir, dass ich kann, wenn ich die richtige Einstellung mitbringe“, freut sich Wächter. „Und jetzt freue ich mich auf Paris! Frankreich ist eine ‚Judo-Nation‘ – da ist richtig was los in der Halle und ich kann mich richtig gut pushen!“ Der Grand Slam findet am 6. Februar statt.